Was ist Manufacturing-X?
Manufacturing-X - dieser Begriff ist derzeit in aller Munde. Doch was ist das eigentlich?
Die Kurzfassung
Manufacturing-X ist eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte Initiative, die danach strebt, die Industrie in Deutschland besser zu vernetzen. Dazu sollen sogenannte Datenräume aufgebaut werden.
In Datenräumen können die Teilnehmer einander, entsprechend bilateral ausgehandelter Verträge, Zugang zu ihren Daten gewähren. Das Besondere daran: die Daten müssen den Server ihres Besitzers nie verlassen, und jeder behält jederzeit die volle Kontrolle über seine Daten (dieser Umstand wird allgemein als “Datensouveränität” bezeichnet).
Zu Manufacturing-X gehören mehrere Datenräume im Bereich Manufacturing/ Industrie 4.0, die verschiedene Anwendungsfälle bedienen.
Die Fakten
Die 2022 gegründete Initiative soll den “Datenraum Industrie 4.0”, der in der Digitalstrategie Deutschland vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beschrieben wurde [1], aufbauen [2].
Dieser soll die Grundlage für die Umsetzung datenbasierter Use-Cases wie der Optimierung von Lieferketten, Manufacturing-as-a-Service, oder Carbon-Footprint-Management bilden.
Dazu sollen Firmen im industriellen Sektor, unter Nutzung der von Manufacturing-X Projekten entwickelten Infrastrukturen, sicher und vertrauensvoll Daten austauschen können.
Etwas widersprüchlich ist dabei die Namensgebung: der “Datenraum Industrie 4.0” ist eigentlich ein Datenökosystem, welches mehrere Datenräume, für verschiedene Branchen oder Anwendungsfälle, beinhaltet. Es handelt sich bei Manufacturing-X also, per Definition, eher um ein “Network of Networks”, einer übergeordneten Initiative, die die Entstehung von Datenräumen fördert und sie miteinander verbindet. [5]
Die Idee
Die Datenräume sollen das Multilaterale Teilen von Daten unter Wahrung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union umsetzen. [2]
Teilnehmer sollen ihre Daten untereinander austauschen oder verfügbar machen können, ohne die Kontrolle über die Daten abzugeben. Dies wird als “Datensouveränität” bezeichnet, und ist die wichtigste Eigenschaft eines Datenraums. [4]
Dabei werden drei übergeordnete Ziele verfolgt:
Die Ziele
Resilienz
Spätestens die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie anfällig die Liefer- und Wertschöpfungsketten in der Industrie immernoch sind. Direkter Informationsaustausch sowie eine bessere Vernetzung der Partner sollen helfen, zukünftig besser auf Störungen zu reagieren.
Nachhaltigkeit
Nachhaltiges Arbeiten ist gut für die Umwelt, und das Unternehmen. Effektives Recycling, Predictive Maintenance, und Zero-Defect Production sind nur einige der Schlagworte, die mit Manufacturing-X bald Realität werden sollen.
Wettbewerbsstärke
Die Industrie sowie der Mittelstand sind das Rückgrat der Deutschen Wirtschaft, und stetiger technischer Fortschritt sichert den Wohlstand im Land. Digitale Zwillinge und die aus den gesammelten Daten gewonnenen Erkenntnisse sollen unsere Produktion weiter bringen als je zuvor. [3]
Auch wenn die Idee zu Manufaturing-X ursprünglich in Deutschland entstanden ist, strebt das Projekt mehr und mehr nach Internationalisierung.
Dazu wurde der sogenannte IMX-Council gegründet, welcher sich um die Verbreitung von “International Manufacturing-X” zunächst in Europa, und später weltweit kümmert. [6]
Innerhalb Deutschlands nahm im Oktober 2024 der Manufacturing-X Council Germany (MXCG) seine Arbeit auf, der den Aufbau des Projekts vorantreibt, als Sprachrohr der Initiative dient, und eine Brücke zwischen den Aktivitäten der einzelnen Datenrauminitiativen im nationalen wie internationalen Bereich darstellt. [11]
Leuchtturmprojekte
Unter dem Schirm von Manufacturing-X sind zwei große Leuchtturmprojekte gestartet, die die Technologie die für den Aufbau solcher Datenräume nötig ist entwickeln sollen. Dies geschieht unter aktiver Einbindung interessierter Unternehmen in der Branche, so arbeiten der weltbekannte Marktführer, Zulieferungsunternehmen und KMU gemeinsam am Aufbau des Europäischen Datenökosystems.
Catena-X: Der Datenraum der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer, bereits 2023 in Betrieb gegangen [8], soll 11 Anwendungsfälle realisieren [9].
Als erstes großes Projekt seiner Art hat Catena-X Grundlagenarbeit im Bereich der Datenraum-Entwicklung geleistet [11], und im Rahmen des Open-Source Projekts Tractus-X viele der Komponenten selbst entwickelt.
Factory-X: Unter der Führung von SAP und Siemens arbeiten in diesem Projekt 47 Partner zusammen, um ein offenes und kollaboratives Datenökosystem für Fabrikausrüster und -betreiber nach dem Vorbild von Catena-X und auf Grundlage von Konzepten der Plattform Industrie 4.0 zu entwickeln. In diesem Rahmen soll auch eine projektübergreifende Manufacturing-X Archtektur entstehen, die die Kompatibilität der MX-Datenräume sicherstellen soll. [10]
Förderprojekte
Neben den beiden Leuchtturmprojekten unterstützt Manufacturing-X den Aufbau weiterer Datenräume für die Manufacturing-Branche. Diese nutzen die von Catena-X und Factory-X geschaffenen Komponenten, und profitieren von den dort gemachten Erfahrungen.
Aerospace-X: digitales Ökosystem für die Luft- und Raumfahrtindustrie
Decide4Eco: Unterstüzung für Produktentwickler im Hinblick auf Recycling, CO2-Reduktion und weiteren Nachhaltigkeitsaspekten über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts
HealthTrack-X: Aufbau eines offenen und dezentralen Datenökosystems für das Gesundheitswesen
Robot-X: Digitalisierung des Produktlebenszyklus für robotische Systeme, Unterstützung von KMU in der Adaption von Robotiktechnologien
Semiconductor-X: Entwicklung und Umsetzung von digitalen Zwillingen für die Halbleiterindustrie
DAVID: Querschnittsprojekt im Umfeld von Manufacturing-X, das die digitale Interoperabilität auf Basis der Asset Administration Shell (AAS) sicherstellt [7]
Weitere Infos
Wer noch weitere Infos zu diesem Thema sucht, könnte hier fündig werden:
Erklärung des Konzepts “Datenraum”
Erklärung des Konzepts “Datenökosystem”
Die Plattform Industrie 4.0 über ihr Projekt: Plattform Industrie 4.0 - Manufacturing-X
Zu aktuellen Updates und Vorstellungen der Leuchtturmprojekte: Die Reihe “MX-Talk” der Plattform Industrie 4.0: Plattform Industrie 4.0 - Veranstaltungen
Zu weiteren Hintergründen des Datenraums Industrie 4.0: die Broschüre “Multilaterales Datenteilen in der Industrie” der Plattform Industrie 4.0
Zu den einzelnen Leuchtturmprojekten: ihre jeweiligen Internetauftritte:
Factory-X (englisch): https://factory-x.org/
Catena-X: https://catena-x.net/de/
Quellen
Digitalstrategie Deutschland, BMWK, Seite 33
Manufacturing-X – Initiative zur Digitalisierung der Lieferketten in der Industrie, Plattform Industrie 4.0, September 2022
Website der Plattform Industrie 4.0, die die Visionen und Ziele des Projekts beschreibt
Glosary des Data Spaces Support Centre DSSC: die Definition eines Datenraums und die Definition von Datensouveränität
Website des Projekts Factory-X, als Leuchtturmprojekt von Manufacturing-X: Beschreibung von Manufacturing-X
International Manufacturing-X Council Playbook von Thomas Hahn und Oscar Lazaro, November 2023 (englisch)
Vorstellung von MX auf der Seite des BMWK
Catena-X News: seit 1. Oktober sind wir live!
Catena-X Homepage: Angebote
Website der Plattform Industrie 4.0: das Frörderprogramm Manufacturing-X
Whitepaper Manufacturing-X, Plattform Industrie 4.0, 2022
Meldung der Plattform Industrie 4.0, "Initiative Manufacturing-X richtet ihre Organisation strategisch neu aus", 25.11.2024